“Es ist eine Katastrophe mit dem Bischof”

sagt die Frau auf dem Wochenmarkt, und steckt den Bund Radieschen in ihren Leinenbeutel mit der Aufschrift CARITAS INTERNATIONAL - EINE WELTWEITE BEWEGUNG FÜR MENSCHEN IN NOT .
Nun - folgt man dem konservativen www.kath.net - hetze zur Zeit eine linksliberale Journalistenclique gegen den guten und liebenswürdigen Bischof von Limburg Franz Peter Tebartz-van Elst, die - so vermutet die Verteidigerriege - damit vor allem verhindern wolle, dass der derzeitige Limburger Bischof dem Kölner Kardinal Meisner, der demnächst altershalber zurücktreten werde, auf den Kölner erzbischöflichen Stuhl folge. Wie schon in erfolgreicher Weise gegen den guten Bischof Mixa angewandter Strategie schieße man sich derzeit auf Tebartz-van Elst ein.
Dann wäre die Frau auf dem Limburger Wochenmarkt nur Treibholz im Mainstream von Presse, Funk und Fernsehen ?
Kirchengeschichte statt Kirche? - Gedanken anlässlich einer Limburger Inszenierung
Das Original liegt - so viel davon erhalten - im Museum. Man hat eine Replik davon angefertigt, aus Lindenholz geschnitzt die romanische Form des Korpus, mit grellen Farben die gotische Fassung im Erbärmdestil erneuernd, bluttriefend noch und noch.
Die Replik war teuer. Die hessische Landesregierung hat sie besorgt, und der aus seinem Amt scheidende Ministerpräsident Roland Koch überbringt sie 'seinem Dom' als letzte Amtshandlung 'zum Geschenk', bevor er sich mit Pauken und Trompeten und Zapfenstreich verabschiedet. Eine Inszenierung vor der anderen, indem man historische Größen bemüht, indem man Altes zitiert, sich vor dem einst Hochverehrten abbilden lässt, sonnt man sich in dessen goldenem Glanz?. Nicht nur.
Die lokale Presse schreibt, ein Stück Kirchengeschichte sei im Limburger Dom zurück. Wie wahr! Der Landesherr, der sich am Abend danach im Schloss seiner fürstlichen Vorgänger feiern lässt, führt die Rechte des Landes auf kirchlichem Boden 'geschenkweise' vor, und die Bistum- und Domgemeinde hat fortan bei jedem Gottesdienst das Wohlwollen seines großen Wohltäters vor Augen, der die Bischofskirche in Bau und schönem Glanz erhält.
'Ja - danke' und 'bitte - nein', muss der Bischof sagen. Das sind doch alte Rechte und neue Verträge, pacta sunt servanda. Im Übrigen sind seine Rechte nicht von dieser Welt. Sie sind älter und hehrerer Abkunft als ein Reichsdeputationshauptschluss zu Wien, sie kommen aus den heiligen Welten der Tempel im alten Ägypten, in Jerusalem, in Rom und - vor allem - vom Kaiserhof in Byzanz. Und der Weihrauch weiß schon selbst, wen er zu würdigen hat.
Das eine Kreuz und das andere. Über dem Altar ein wirklich altes, aus 15. Jahrhundert. Mit ernstem Gesicht, mit Dornenkrone im üppigen Haar, die Beine gekreuzt und beide Füße von einem Nagel durchschlagen. Zu ihm hat die vorreformatorische Altkirche noch aufgeblickt, in der Reformationszeit die streitenden Parteien, die Menschen der folgenden 30 Jahre Krieg. Was mag alles zu seinen Füßen geschehen sein, wer mag dort gebetet haben, wer verzweifelt vor ihm zusammengebrochen sein, ehe es abgetan ins Dommuseum kam? Im Rahmen der letzten Neugestaltung des Domes fand es erneut Aufmerksamkeit und wuchs in den letzten Jahrzehnten der Domgemeinde, und nicht nur dieser, ans Herz. Unter ihm haben in den letzten Jahrzehnten so viele denkwürdige Gottesdienste stattgefunden, so viele Paare geheiratet, so viele Kinder sind unter ihm zur ersten Kommunion gegangen und so viele Jugendliche gefirmt worden. Es bezeichnete die ernste Mitte des Domes und der Gemeinde.
Und das andere, das neue. Wem ist es ans Herz gewachsen, wen erinnert es überhaupt an etwas? Ist denn der Dom ein Museum, in dem allfällige Besucher kirchen- und kunstgeschichtliche Merkwürdigkeiten bestaunen sollen? Nun denn, wenn ja, dann sei daran erinnert, dass die Erbärmde-Gotik und eine ihr entsprechende Theologie der psychische Auslöser für die Kreuzzüge und für die mittelalterlichen Judenverfolgungen war.
Wer genau hinsieht, der muss doch befürchten, dass der Gekreuzigte - ganz gleich an welchem Kruzifix - in Agonie sein Haupt abwendet.
KATA KONSTANTINOU
Was den Antikonstantin mir provozierte
Ein Antikonstantin bildete sich bei dem Versuch, eine Kirche zu denken, die mit keinerlei Staatsmacht das Bett teilt.
Einmal entstanden, kommt er sich vor, wie jener berühmt gewordene Hirtenbub, der auf seine kleine Steinschleuder vertraute und, was darüber hinausging, Gott überließ. Dem geht es dabei gewiss kaum um einen Erfolg des Antikonstantin, wie es ihm ja auch nicht um David ging, sondern um sein Volk - und das wird er nicht zu Grunde gehen lassen, wie man weiß und auch heutzutage noch sieht, mag es auch noch so viel falsch machen. An der Kirche freilich dürfte ihm weniger liegen, es ist aus der guten, alten Wurzel all zu viel Misswuchs ins Kraut geschossen.
Denn wenn unser Bischof schreibt, die Kirche sei nicht von dieser Welt und gleichzeitig sich über keltischem Fürstensitz eine Trutzburg baut und über seinem Thron eine byzantinische Kreuzreliquie glänzen lässt, die man einst den Heeren vorantrug, woran die Umschrift erinnert
1
 
In diesem siege er
) und Aufzüge in prächtigen Gewändern inmitten titel- und ordengeschmückter Vasallen über alles liebt, noch mehr als seinen BMW mit dem Bischofsstander, – dann ist das genau der Philisteraufmarsch, auf den der Antikonstantin in mir nichts anderes als seine kleinen Bachsteinchen schleudern kann, und natürlich auch weiß, dass das den Lack des Goliath kaum auch nur kratzt.
Das alte Muster schlägt kaum noch durch
In Trier, wohin man heuer aufbricht, um die letzten Fetzen einer antiken Wolltunika zu verehren, die angeblich Jesus getragen habe, kann man das ganze Problem in nuce studieren. Wie das Erbe ihres vermuteten Trägers sind sie von vielen Schichten edler und weniger edler Stoffe, von Kattun und Damast und Seide, immer wieder überdeckt worden, angeblich um sie reparieren und den Zähnen der Zeiten zu entreißen, in Wirklichkeit aber, um sie zu immer abstruseren Schauzwecken ansehnlicher herzurichten. Vom wahren Erbe hat die Kirche nur noch brüchige und vermoderte Fetzen vorzuweisen.
Nun, einiges mag ja wirklich den Jahrtausenden zuzurechnen sein, aber, um Augustin zu Wort kommen zu lassen, was können wir die Zeiten schelten, sind wir Menschen nicht die Zeiten?
Ja, wir sind es. Und die alten Fetzen sind zum Erbarmen, weil wir Menschen ihnen so mitgespielt haben. Ja, und es ist unsere Kirche, die immer wieder verkleistert und verdeckt, nur um einen guten Eindruck zu machen. Der heilige Rock wurde und wird nicht besser behandelt, als der ihn einst trug ...
So geht der Antikonstantin mit Tränen durch die Stadt Trier, in der sich wie kaum sonst woanders jene Mächte verewigten, denen die Möchtegern-Großen der Kirche auf den Leim krochen, und davon selig berauscht die Freiheit der Kirche fahren ließen, um sich selbst zuerst an die Seite, dann auch an die Stelle der Großen zu stellen.
Und sie gaben wahrlich große Schätze und Freiheiten preis.
Vor der konstantinischen Wende konnte - wie dies die Märtyrerlegenden erzählen - ein Christ seinem römischen Richter, der von ihm verlangte, er solle die Schätze der Kirche, als deren Verwalter er angeklagt war, dem Gericht ausliefern, dem Richter die unzähligen Armen der Stadt vorführen: Das waren die Schätze der Kirche.
Nach der konstantinischen Wende erhielt dann die Kirche das Recht, Vermächtnisse anzunehmen. Das war die wahre konstantinische Schenkung. Und letztlich danach entstanden die Bischöflichen Stühle als Körperschaften öffentlichen Rechtes, die gestifteten finanziellen Grundlagen der Bischofssitze, sozusagen die schwarze Kasse, deren sich ein Bischof nach seinem souveränen Belieben bedienen kann, ohne jemandem Rechenschaft geben zu müssen.
A propos Vermächtnisse und Stiftungen: Die aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit überlieferten gerichtlichen Urkundenbestände sind hierzulande voll von gerichtlich beglaubigten Zuwendungen an Kirchen, Klöster und Altäre, fast alle zweckgebunden zu ewigem Gedächtnis in Form von Messen und Gebeten für das Seelenheil der Stifter/innen.
In Einzelfällen wird eines berühmten Stifters auch tatsächlich noch gedacht; aber zum weitaus größten Teil wurden diese Kapitalien schon bald verhökert, vertauscht, als Abdeckung für Schulden verpfändet, also weitergegeben, ohne dass der Empfänger auch nur daran dachte, die mit dem Stiftungsgut verbundenen ewigen Verpflichtungen zu erfüllen. Die Landesherren zur Zeit der Reformation bedienten sich an diesen Gütern freizügig, ehe sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts fast allgemein 'säkularisiert' wurden.
Seitdem ist die Kirche in Frankreich arm; in Deutschland und Österreich jedoch haben sich damals die Staaten verpflichtet, als Abgeltung für die säkularisierten Werte bestimmte Leistungen fortan den Kirchen zu erbringen. Daher die staatlich kassierte Kirchensteuer, an der sich der Staat einen bestimmten Anteil behalten darf, daher die staatliche Unterhaltung bestimmter großer Kirchen und Dome, daher staatliche Zahlungen an Bischöfe und Diözesen, an bestimmte kirchliche Einrichtungen und Unternehmungen, daher der Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen.
Natürlich profitiert auch der Staat bei uns von diesem speziellen Verhältnis zu den Kirchen; er tut es ideell und auch wirtschaftlich und vor allem sozial. Und die soziale Präsenz kirchlicher Organisationen, wie Caritas und Diakonie, dient gewiss in vieler Hinsicht mit unschätzbarem Nutzen den Menschen. Sie stehen mit ihren sozialen Einrichtungen und Werken neben denen anderer Träger, sind wie diese dem Marktgeschehen und den politischen und finanziellen Zwängen ausgesetzt. Der Antikonstantin wagt nicht, an ihnen zu mäkeln, da sie ganz allgemein als die Zweige der Kirchen gelten, die noch am wenigsten dem Selbstzweck und am meisten den Allgemeinwohl dienen. Umso schmerzlicher reagiert man aber, wenn man aus ihnen von Missbrauchsfällen, von Unlauterkeiten und Benachteiligungen und Repressalien gegenüber Mitarbeitern erfährt.
EST NOMEN OMEN ?
Unser Wort Bischof stammt aus dem Griechischen und ist auf verschlungenen Wegen zu uns gekommen. Griechisch episkopos meinte einen Aufseher, einen der die Aufsicht führt. Unser technisches Kunstwort Episkop für das Gerät, das Bilder in der Draufsicht aufnimmt und projiziert, gibt genau die Funktionen der Leute wieder, die man mit diesem Wort schon in der Ilias und in der Odyssee bezeichnete: von höherem Standort Untergebene, Unterlegene, Unterliegende, Untertanen, Unterworfene Untergeordnete 'be-auf-sicht-igen'. Genau zu diesem Zweck wurden die Episkopen im Reich Konstantins eingesetzt, im straff organisierten Verwaltungsapparat in den 14 Diözesen und 114 Provinzen seines absolut regierten Kaiserreiches. Dass die Bistümer bis heute auch Diözesen heißen, stammt ebenfalls vom Griechischen her, in dem dioikäsis Haushalt und Verwaltung bedeutete, unter Konstantin waren das die erwähnten 14 großen Verwaltungsbezirke des Reiches. Dass die Kirche unter byzantinischem Regime, als sie so etwas wie eine Staatskirche wurde, sich deren Verwaltungsverhältnissen anpasste, kann selbst der Antikonstantin in mir verstehen, aber dass sie dafür in ihrer Verwaltungsstruktur ihre biblischen Wurzeln verriet und bis heute vielfach immer noch verrät, ist mehr als betrüblich.
Paulus, in Tarsus in griechischdem Milieu aufgewachsen, wusste genau, was 'man' in der Antike unter einem episkopos zu verstehen hatte, weshalb er seinen Gemeinden in Kleinasien ein anderes, nämlich ein brüderliches Verständnis für den in jeder Gemeinschaft notwendigen Dienst des weiteren Überblicks und der Verantwortung einschärfte. Er nutzte dazu die andere Möglichkeit, das Adverb epi in der Vorsilbe im Sinne von über- zu verstehen. Durch den Kontext ist ganz klar, dass er den episkopos nicht über den anderen Christen stellt, sondern mitten unter ihnen, jedoch verantwortlich mit Überblick und Übersicht über das Ganze.
2
 
Die hier folgenden Textstellen nach der Übersetzung des NT von Fridolin Stier, München 1989
 
“Achtet auf euch und die ganze Herde, in welche euch der Heilige Geist stellte als episkopous (= Übersichtsleute), die Kirche des Gottes zu weiden, die er erworben hat durch das Blut seines Eigenen (Sohnes).“ (An die Gemeinde in Milet, Apg. 20:28)
“Paulus und Timotheos, Knechte des Messias Jesus, an alle Heiligen in Einheit mit dem Messias Jesus, die in Philippi sind, samt episkopois (= Übersichts-) und diakonois (= Dienstleuten) ...” (An die Gemeinde zu Philippi, Phil 1:1)
“Zu trauen ist dem Wort: Wer nach dem episkopäs (= Übersichtsamt) trachtet, er trachtet nach einem guten Werk. Es muss also der episkopos unbescholten sein, Mann nur einer Frau, nüchtern, maßvoll, ordentlich, gastfreundlich, lehrtüchtig; kein Trinker, kein Raufbold, sondern freundlich; kein Kampfhahn, kein Geldscheffler; seines eigenen Hauses guter Vorstand, der seine Kinder im Gehorsam mit aller Würde hält. - Wer dem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie soll der für Gottes Gemeinde sorgen? ...” (An Timotheus; Tim I :3: 1 ff)
“Dazu ließ ich dich auf Kreta zurück, ... damit du Stadt für Stadt Älteste bestellst, ... Ein solcher soll unbescholten sein, Mann nur einer Frau, mit Kindern, die glaubend (und) nicht der Liederlichkeit angeklagt oder unbotmäßig sind. Denn einer mit Übersichtsamt muss unbescholten sein als Gottes Hausverwalter ... “ (An Titus; Tit 1:5ff)
Der Antikonstantin in mir fragt also mit allem Ernst, wie lange noch Bischöfe mit Thron in Domkirchen, mit feudalen Wappen zu Häupten, mit aus dem ägyptischen Kultwesen übernommenen Schnabelhüten auf dem Kopfe und goldenen Hirtenstäben in Händen residieren wollen? Die Rangordnung der Konzelebranten, der Diakone und Subdiakone, der Akkolythen und Weihrauchspender, des Zeremoniars und der Schar der niederen (Mess-)Diener folgen dem byzantinischen Hofzeremoniell, aber nicht sie, auch auf den byzantinischen Darstellungen des Himmlischen Hofes sehen wir die gleiche Ordnung wiederkehren. Und die frühmittelalterliche Kirche hat sich nicht gescheut, den Kaiser Konstantin als Heiligen zu verehren, so wie sie sich nicht gescheut hat, nach der rabiaten und Morde einschließenden Vereinigung der allermeisten Reichsteile auf das Haus des Kaisers, sich von eben diesem Kaiser zum Konzil nach Nikaia rufen zu lassen, und durch ihn ihre Konzilsbeschlüsse als Reichsgesetze verkünden zu lassen, von einem Kaiser, der noch nichteinmal Christ war.
Ich, der Antikonstantin denke, der byzantinische Kaiserkult, die Macht der Bilder, wie sie noch heute in Ausstellungen und Museen gefeiert wird, und der Glanz der Macht hat die bis dahin mausarmen Kirchenmänner besoffen gemacht, und berauscht haben sie fortan alles Große und Bedeutende und auch die unsichtbare Macht Gottes nur noch in byzantinischen Vorstellungen buchstabieren können.
Das gilt auch für die Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes, die die drei göttlichen Personen als gleichartig und gleichzeitig und doch in sich differenziert den Gläubigen vorstellt. Nachdem das Römische Reich wiederholt in Teile zerfallen und doch stets und bis zu seinem Ende immer nur als eines verstanden wurde, nachdem dieses Reich immer wieder von einem, von zwei, ja von vier Kaisern regiert und repräsentiert wurde, die jeder einzelne immer für das ganze Reich stand und sprach und zu wirken beanspruchte, was lag da näher, als die Vielfalt der Götter in eine göttliche Vielfalt des einen Gottes zu überführen? Damals eher verständlich als heute, da in der Spätantike das lateinische Wort persona = Maske, Rolle, von lateinisch per sonare = durchtönen, im Griechischen mit prosopon = Antlitz wiedergegeben, entsprechende Vorstellungen erlaubte. Hatten sich die heidnischen Kaiser als göttlich, ja sogar als Götter verehren lassen, versah das Christentum nun Gott und Jesus mit königlichen und kaiserlichen Titeln, und verehrte die irdischen Kaiser und Könige als deren Stellvertreter im Amt der Weltregierung. Nur der Gottesgeist, griechisch pneuma hagios, war in solchen Bildern schwieriger unterzubringen und blieb es bis heute. Galt für die Konzilien das mosaische Gebot nicht mehr, sich kein Bild zu schnitzen, um es anzubeten? Und die Jahrtausende alte Scheu, den Gottesnamen im Munde zu führen, war die inzwischen ganz vergessen? Eine Liebe aus ganzem Herzen und ganzer Seele und voller Kraft - die hat doch weder Zeit zu noch Lust an vielen Worten.
Der Stall von Bethlehem und Davids verfallene Hütte
Nach Presseberichten und dem von der Pressestelle des Bistums Limburg veröffentlichten Text soll Bischof Tebartz-van Elst in seiner Weihnachtsansprache 2012 im Limburger Dom folgendes vorgetragen haben:
 
Für Christen werde Weihnachten in der Krippe entschieden. “Wenn Christen Weihnachten in die Welt holen, bauen sie die Krippe auf. Damit beginnt die Vorbereitung auf das Fest. Weihnachten tritt vor die Kulisse unserer Welt”, erklärte Tebartz-van Elst. Die Krippe erinnere an die Geburt des Herrn. Der Stall von Bethlehem verweise auf die verfallene Hütte Davids und stelle somit auch die Welt in Frage: Gott werde nicht in einem Einfamilienhaus geboren, sondern in einem Stall, der mehr einer Bruchbude und einer Ruine gleiche, die mehr für einen Abbruch als für einen Neubau stehe.
 I
Dabei spricht das Neue Testament nie von einem Stall, mit keinem Wort. Lukas nennt den Ort der Geburt Jesu – Bethlehem – und erzählt, dass Marias Erstgeborener aus Mangel an Platz in der Herberge in Windeln gewickelt in eine Futterkrippe gelegt worden sei. So hätten später auch die Hirten, vorher draußen auf dem Feld, das Kind vorgefunden. Wo die Krippe stand, wie die Unterkunft der Heiligen Familie beschaffen war, davon ist bei Lukas
3
 
Luk 2:1 ff
keine Rede.
Aber Matthäus erwähnt anlässlich des Besuches der Magier aus dem Osten, diese seien von einem Stern nach Bethlehem geführt worden, und da der Stern stehen blieb, wo das Kind war, seien sie in das Haus gegangen und hätten dort das Kind gefunden und seine Mutter. Auch hier ist von keinem Stall die Rede, von einem baufälligen schon gar nicht.
4
 
Mat 2:11
Auch in den Qumran-Rollen ist nirgends von Ställen die Rede; und wir wissen von Ausgrabungen in Kafarnaum, dass im Geschachtel zeitgleicher Wohnhäuser gelegentlich mal ein kleiner Stallraum zwischen den eng zusammengedrängten Häuschen stand, vielleicht für eine oder zwei Ziegen ausreichend. Schafe dagegen hielt man, wenn nicht frei laufend auf Weiden und im Gebirge, in Hürden, und nur ganz wenige Hochgestellten hatten damals Stallgebäude, vor allem für Pferde. Für Schafe nutzte man – wenn überhaupt – allenfalls naturgegebene Höhlen, weshalb wohl Justinus um 155-160 n. in seinem Dialog mit Tryphinus
5
 
LXXV.5
schrieb:
 
Damals aber, als der Knabe in Bethlehem geboren wurde, nahm Joseph, da er in jenem Dorfe nirgends Unterkunft finden konnte, in einer Höhle Quartier.
 Diese Ansicht muss zur Zeit des Justinus weiter verbreitet gewesen sein, denn das gleichzeitige apokryphe Jakobusevangelium
6
 
EvJak 18:1 ff
erzählte um 160 n:
 
Da erblickte Joseph plötzlich eine Höhle. Er führte Maria hinein und ließ seine Kinder bei ihr. Dann ging er hinaus, um in der Gegend um Bethlehem eine jüdische Hebamme zu suchen. ...
Auch frühchristliche Weihnachtspredigten wissen nichts von einem Stall, in dem Jesus geboren sein soll. So vielfältig und sinnreich in ihnen Vergleiche und Betrachtungen entwickelt wurden und überliefert sind, kein Wort von einem Stall. Selbst da, wo der Sache nach unausweichlich vom Stall die Rede hätte sein müssen, geschah es nicht. So schrieb Fulgentius
7
 
 
Sermo, Migne PL 65, /32 ff
, bedeutender Augustinus-Schüler und etwa seit 507 Bischof im kleinen nordafrikanischen Ruspe:
 
Archächelaos ist geboren in einem Palast, der Christus in einem Winkel. Archelaos wurde nach seiner Geburt in ein silbernes Bett gelegt; der Christus aber wurde nach seiner Geburt in eine schmale Krippe gebettet....
Somit steht festzuhalten, in den Evangelien und der frühkirchlichen Verkündigung wird kein Stall als Geburtsstätte Jesu erwähnt. Dass eine Futterkrippe als Säuglingsbettchen diente, berechtigt eine solche Vermutung auch nicht, zumal Matthäus von einem Haus spricht. Die Futterkrippe bedingt keinen Stall - und somit auch kein herabgekommenes, verfallenes oder sonstwie elendes Gebäude.
II
Das wirft unabweisbar die Frage auf: Und woher stammt nun der angebliche Verweis des Stalls auf die verfallene Hütte Davids?
Lukas
8
 
Lk 2:4
hatte erzählt, Joseph sei aus dem Hause und dem Vaterstamme Davids, weshalb er nach Betlehem, der Stadt Davids zog, um sich dort in die Reichssteuerrolle eintragen zu lassen. Das Stichwort 'Haus Davids' stellt nun für Bischof Franz Peter eine mehrere Haken schlagende Verbindung zu einer alten Gedankenkette aus der christlich-jüdischen Überlieferung.
Die beginnt um 450 vor Chr. nach dem babylonischen Exil, als ein unter dem Decknamen des Propheten Sacharja schreibender Theologe das heutige Kapitel 9 an die markanten Gerichtsworte des Propheten Amos aus dem 8. vorchristlichen Jahrhundert anfügte und mit diesem Anhang eine, vielleicht sogar die erste messianische Verheißung aussprach. Diese versprach, dass Gott sein damaliges Strafgericht über Israel abbrechen und dem verbleibenden Rest Israels die Rettung und eine Rückkehr in die Heimat und die Wiederaufrichtung der Ruinen gestatten werde:
  
'An jenem Tag richte ich die eingefallene 'sukkah' Davids wieder auf und bessere ihre Risse aus; ich richte ihre Trümmer auf und stelle alles wieder her wie in den Tagen der Vorzeit. Damit sie den Rest Edoms in Besitz nehmen und alle Völker, über die mein Name ausgerufen wird.'
9
 
 Amos, 9:11 ff
Zunächst ist da ein Übersetzungsproblem: Das hebräische Wort sukkah, das die englischsprachige Complete Jewish Bible unübersetzt lässt, bezeichnet eine vorübergehend benutzte menschliche Wohnung, eine aus Strauchwerk errichtete Hütte ebenso wie ein aus kostbaren Stoffen errichtetes Zelt. Die griechische Septuaginta hat die Stelle mit skänä = Zelt übersetzt, Luther, dem an dieser Stelle die deutsche Einheitsübersetzung folgt, mit Hütte.
Heute halte ich es für unangemessen, wenn ein vor Jahrtausenden untergegangenes Königshaus als verfallene Hütte bezeichnet wird, was im Falle eines jüdischen Königshauses zudem antisemitische Assoziationen wecken muss.
Denn zweifellos ist bei Amos von der Wiedererrichtung des davidischen Königshauses die Rede, das unter den babylonischen Angriffen seine Macht einbüßte und dem der Prophet eine Wiedererweckung vergeblich prophezeite. Nur der Jerusalemer Tempel wurde nach der vom persischen Kaiser Kyros gestatteten Rückkehr der Überlebenden aus dem babylonischen Exil unter Nehemia und Esra wieder erbaut. Aber auch eine Herrschaft Israels über Edom, also über die semitischen Nachbarvölker, blieb ebenso wie ein erneuertes davidisches Königshaus ein Jerusalemer Wunschtraum .
Der aber war zur Zeit Jesu, als die Länder der Bibel unter römischer Herrschaft seufzten, neu erwacht. Und als sich nach dem Tode Jesu die junge Kirche bildete, kam es zunehmend zu Spannungen zwischen Christen im Judentum und Christen aus dem nichtjüdischen Umfeld. Bei ihnen ging es u. a. darum, ob sich Neuchristen vor der Taufe beschneiden lassen müssten. Jakobus, der Herrenbruder und Jerusalemer Gemeindevorsteher, hielt wegen dieser Auseinandersetzungen im ersten Apostelkonzil eine versöhnliche Rede, in der er die messianische Prophetie aus Amos 9 mit ganz neuem Akzent zitierte:
10
 
Apg 15.14-17
 
Ihr Männer und Brüder, hört mir zu! Simon hat erzählt, wie Gott zum ersten mal sein Augenmerk darauf richtete, aus den Heiden ein Volk für seinen Namen anzunehmen. Und damit stimmen die Worte der Propheten überein, wie geschrieben steht: Danach werde ich umkehren und werde ich das zerfallene Zelt Davids wieder aufbauen, und das Umgestürzte von ihm werde ich wieder aufbauen und es wieder aufrichten, auf dass die Übriggebliebenen der Menschen den Herrn suchen, und alle Völker, über welche mein Name angerufen worden ist, spricht der Herr, der dies bewirkt.
Und Jakobus schloss aus der Vorhersage, dass es Gottes Wille sei, den so genannten Heidenchristen nicht jüdische Bräuche auf den Hals zu laden, weil das die vorhergesagte Universalisierung des Gottesvolkes hemmen müsste. Den aggressiven Zwischensatz über die Völker Edoms erwähnten weder Jakobus noch Lukas.
Die Idee aber, in der Ausbreitung der Botschaft Jesu vom Gottesreich eine geistige Erfüllung der so viel älteren prophetischen Worte zu sehen, zeigt doch, wie sehr die junge Kirche in jüdischem Fahrwasser schwamm und als Reformbewegung weiter schwimmen wollte. Denn wer in der weltweiten Ausbreitung der Botschaft Jesu eine ideelle Ausbreitung des Königtums Davids sah, kirchlich gesprochen: im Königshaus Davids ein Vor-Bild für das Christentum erblickte, das einen Ausweg aus der damals katastrophalen Lage anbot, war ganz gewiss kein Feind Israels.
III
Man fragt sich nun, was haben der angebliche Stall von Bethlehem und das Haus Davids miteinander zu tun? Man fragt weiter, was haben die vom Bischof daraus abgeleiteten kritischen Äußerungen über das Bauen in unserer Zeit mit den einleitenden Sätzen zu tun? Sie ergeben sich nicht auseinander und führen nicht zueinander hin. Auch wenn der Bischof im weiteren Verlauf seiner Betrachtungen der Kirche gleichnishaft den Charakter einer baufälligen Bruchbude zuschrieb, also selbstkritisch über den Zustand der Kirche sprach, und letztlich seinen Blick auf den alten Gegensatz von Gottesreich und Welt hinlenkte - ist das nicht dennoch ein falscher Ansatz?
Nicht um die Welt zu richten sandte Gott seinen Sohn, sagt das Johannes-Evangelium, sondern um sie zu retten. Dass Gott in ärmliche Verhältnisse hinein, und das nicht nur in baulicher Hinsicht, sondern in politischer und moralischer und geistiger Hinsicht, seinen Sohn sandte und sendet, das ist doch die Botschaft von Krippe und Windeln und Bethlehem. Dass sich Jesus in seiner öffentlichen Wirksamkeit der Kranken erbarmte, der Besessenen annahm, die Kinder umarmte, sich mit Huren und Zöllnern an einen Tisch setzte und auch die geistige Not seiner Zeitgenossen aufnahm - kurz sich mit der Erbärmlichkeit unserer Menschenwelt identifizierte, und zu ihrer Heilung radikal, also von den Wurzeln her ansetzte - das ist das Geschenk von Bethlehem an die Menschenwelt.
Doch darüber hinaus lenkt die versprochene und ersehnte Wiederaufrichtung des zerrissenen Zeltes Davids. Sie ist gewiss nicht als Replik einer romantisierten Vergangenheit und auch nicht als nationale Herrschaft über die Völker zu verstehen. Aber sie stammt von einem Vorbild, dass einst belegte: Die Zusammenführung von kleinen einander misstrauenden und bekämpfenden Stämmen zu einem gemeinsamen Staatswesen ist möglich und bleibt sinnvoll. Auch in unserer Zeit ist die Zusammenführung einander misstrauender und bekämpfender Völker zu größeren, viele Staaten vereinenden Verbindungen möglich und sinnvoll - vorausgesetzt die Beteiligten besinnen sich auf die Gewaltlosigkeit und die Menschenachtung des größten Sohnes aus dem Hause Davids.
Der Friede von Bethlehem muss in einen von Menschen beschlossenen, von Recht und Solidarität getragenen Friede münden - oder er kommt nie zustande. Vom Himmel fällt er gewiss nicht. Aber wenn Gott die Menschen so sehr liebt, wird er die Friedenstifter segnen. Jedenfalls hat der in Bethlehem Geborene das versprochen. Aber auch, dass es ein steiniger Weg ist, eben wegen der Zerrüttung der Menschheit.
In dieser Hinsicht war Jesus kein Phantast: Immer wieder kritisierte er die Herrschaft von Menschen über Menschen und lebte eine geschwisterliche Hochachtung vor dem Nächsten vor, die von einer bescheidenen, selbstkritischen und zur Vergebung bereiten Haltung begleitet war. Friede setzt Versöhnung und Versöhnung setzt Vergebung voraus.

“Es ist eine Katastrophe mit dem Bischof”

sagte die Frau auf dem Wochenmarkt, und steckte den Bund Radieschen in ihren Leinenbeutel mit der Aufschrift CARITAS INTERNATIONAL - EINE WELTWEITE BEWEGUNG FÜR MENSCHEN IN NOT .Ihr Ausspruch und Kopfschütteln geht mir nicht aus dem Kopf. Vielleicht ist es zu hart geurteilt, zu sehr aus dem Bauch heraus. Man stellt sich als Zeitgenosse von Weltkriegen und Fukushima unter Katastrophen Anderes vor.
Und doch, das Wort, mit dem sich die Frau auf dem Marktplatz Luft verschaffte, kommt vom Griechischen her, in dem strephein wenden, umkehren, schwenken bedeutete, ganz harmlos eine Flüssigkeit im Becher, aber auch die politischen Verhältnisse oder das Leben zum Tode, zumal mit der Vorsilbe kata- herab, hinunter, also vom Guten ins Schlechtere, von oben nach unten.
Wenn es also große, größere und kleinere Katastrophen gibt, mag es jeder nach der Lektüre des Folgenden damit halten, wie er will, auch wirkliche und auch virtuelle stehen zur Auswahl, und vielleicht in apokalyptischer Manier sogar die Beifügung heilsame.
Jetzt ist sein Diözesanzentrum St. Nikolaus fertig und eingeweiht. Ein Haus der Begegnung? Hinter einer restaurierten hochmittelalterlichen Stadtmauer. Mit großem Metalltoren gegen den Domplatz verschlossen. Mit einer Kapelle aus schwarzem Stein unter einem steilen Dach, mit Fenstern schmal wie Schießscharten. Einladend wirkt das nicht, auch der farbenfrohe Fachwerkbau nicht, das Dienstgebäude des Bischofs, ohne Tür und Tor nach außen, alles sehr edel und schlicht unzugänglich.
Und was predigt der Bischof, so letzte Weihnacht 1962 :
 
“Verschlossene Türen verführen zum Tod der Kommunikation. Wo die Tür zugefallen ist, kann man sich nicht mehr verstehen. Wo Meinungen übereinander festgelegt sind und Mainstream und Medien diktieren, wie man zu denken hat, bleibt der Mensch und auch Gott schnell draußen vor der Tür. Dann geht auch der Zugang zum Leben rasch verloren.”
Und was sagt er bei der Einweihung seines Dienstsitzes ?
 
“Lebendiger Glaube braucht Räume der Begegnung, in denen sich der Geist von Christen so vermittelt, dass Türen in die Welt aufgehen. Was wir haben und was uns verbindet, haben wir nicht für uns, sondern für andere. In diesem Sinne sollen die Türen des neuen Zentrums der Kirche von Limburg und den Menschen offenstehen. Die Gäste sollen in den Raum des Glaubens eintreten und im Gesicht der Kirche Gottes Anblick erahnen.”
Nun denkt der Christ von heute über den Anblick Gottes zwar eher wie die Bibel ihn über Gottesbegegnungen belehrt, so über die Erfahrungen des Mose in Exodus 33 oder des Elija in 1 Könige 19, oder er liest im Johannesevangelium 1: 17f. Im Gesicht der Kirche, zumal in dem vom Bischof empfohlenen Rahmen, wird er wohl kaum tiefer in das Gottesgeheimnis eindringen, auch wenn der Bischof nach der Kapellenweihe durch Kardinal Meisner gesagt haben soll, Gott habe nun eine neue Wohnung genommen.
Wie jeder in der Presse sehen und lesen konnte, war das eine hochheilige Feier in magischem Dunkel, der Kardinal jn Gewand und Zauberhut, verschiedene Feuerchen auf dem Altartisch anzündend, dahinter in weißem Rochet der bischöfliche Allround-Chauffeur, der wenig später nur mühsam bei seinem Wirken als Zeremoniar vor dem Märtyrertod durch Verbrennen gerettet werden konnte, als sein Gewand Feuer fing. Entsprechend brennend fielen auch auch die Dankesworte des Bischofs aus :
11
 
NNP, 25.11.2012
 
“Der Hausherr ist der, der den Altar als den Mittelpunkt diese Hauses zum Zeichen einer brennenden Hingabe und Leidenschaft für seine Kirche macht.” sagte Tebartz-van Elst. Gott hab nun eine neue Wohnung genommen.
Inzwischen ist mit der Fertigstellung der Alten Vikarie
12
 
Anfang Juli 3013
das Gesamtprojekt vollendet. Die bischöfliche Hofhaltung, offiziell unter dem Namen Diözesanes Zentrum Sankt Nilolaus getarnt, umfasst nun ein gotisches Fachwerkgebäude aus dem 15. Jahrhundert, in dem dem Bischof Arbeitsraum und Bibliothek, seinem persönlichen Referenten ein Arbeitsraum und gelegentlichen Besuchern ein Gesprächsraum zustehen. Ein zweites Gebäude, ein Flachbau enthält die persönliche Wohnung des Bischofs. Ein drittes Gebäude, ein Jugendstilbau, dient der kleinen Gemeinschaft von drei Dernbacher Ordensschwestern, die den bischöflichen Haushalt versehen, als Wohnhaus. Im Mittelpunkt des Hofes steht die Kapelle, in deren Untergeschoss in deren Untergeschoss eine Sammlung von Reliquien angelegt wird, und als die Träume seines Users enthüllendes Requisit der einstige, aus dem Dom entfernte Bischofsthron.
Wenn man die Sprache der Mauern und Tore versteht, wirkt das Ganze alles andere als einladend, weder zu Gespräch noch zum geistlichen Austausch. Es spricht die ja auch sonst die Limburger Kirche neuerdings zunehmend beherrschende Abwehrhaltung gegenüber einer als feindlich und gefährlich empfundenen Umwelt aus.
Dass dies keine böswillige Interpretation darstellt, zeigen die zahlreich getroffenen Maßnahmen, die einen offenen Einblick in die bischöfliche Hofhaltung verhindern sollen, bis zur Verblendung der vom Diözesanmuseum auf die Residenz gerichteten Fenster an. Das ist alles ganz gewiss kein Zeichen von Stärke und festem Selbstbewusstsein, sondern eher Ausdruck von innerer Schwäche, wenn sich eine behauptete Elite nur in selbst inszenierten Events zur Schau stellt - sonst aber in Unzugänglichkeit abkapselt.
Jedenfalls enthält der apostolische Sendungsauftrag 'Geht hin in alle Welt ...', auf den das bischöfliche Amt sich gründet, weder Anweisungen zur Errichtung von bischöflichen Residenzen noch zu Mauerbauten, keinerlei Restaurierungsaufträge und auch keinen Befehl, Gott neue Wohnungen einzurichten unter Lampen mit bischöflichem Wappen.

Limburg war nie ein bischofsfeindliches Pflaster.

Als die nassauische Regierung Bischof BLUM strafweise die Kutsche pfändete, hielten es Limburger Kaufleute für ihre Ehre, das Pfand auszulösen und die Bevölkerung für einen willkommenen Anlass, die Kutsche im Triumpfzug dem Bischof zurückzubringen.
Als die GESTAPO Bischof HILFRICH, als er sich durch Einspruch gegen die Euthanasiemorde bei den Nazigrößen misslieb machte, verhaften wollte, warnten ihn mutige Bürger im Voraus, und während seine Haushälterin das Verhaftungskommando an der Tür mit einer Tasse Kakao empfing, entführten entschlossene Helfer den Bischof durch die Hintertür und versteckten ihn in einem Frankfurter Krankenhaus, wo er inkognito eine längst fällige Herzbehandlung absolvierte.
Während sich manch Anderer nach dem letzten Krieg gegen die Aufnahme von Ausgebombten, Flüchtlingen oder Vertriebenen wehrten, wurde Bischof DIRICHS bei der Stadtverwaltung vorstellig, auch ihm bitte Notleidende ins Palais am Bischofsplatz zuzuweisen.
Limburgs Bischöfe lebten unter den Bürgern und hatten vielerlei Kontakte, die ihnen ein Blick in die Herzen ihrer Mitmenschen erlaubten. Wenn Bischof KEMPF auf seinem Abendspaziergang im Schrankenwärterhäuschen an der Frankfurter Straße einkehrte oder mit der Klampfe die Jugendgruppe in Eschhofen besuchte; wenn Weihbischof KAMPE als interessierter Bürger ganz selbstverständlich öffentliche Veranstaltungen, Diskussionen und Konzerte besuchte; Weihbischof PIECHL selbstverständlich auf dem Markt einkaufen ging und am Wochenende an seinem Haus die Straße fegte und Bischof KAMPHAUS oftmals morgens vom Priesterseminar über die Brücke durch die Altstadt zum Ordinariat ging, die schmale Aktentasche unterm Arm und die unvermeidliche Baskenmütze auf dem Kopf - nein, Limburgs Bischöfe waren immer gerngesehen, so verschiedene Charaktere sie hatten.
Ihr bescheidener Lebensstil war offensichtlich, und nicht umsonst war das Limburger Bistum über Jahrzehnte für seine Aufgeschlossenheit und seine Fortschrittlichkeit in ganz Deutschland bekannt. Boshafte Zungen bezeichneten die Ernennung des gegenwärtigen Kirchenfürsten mit seiner betonten Rolle rückwärts als Rache des Vatikans für so viel offiziell geduldetes 'Wir sind Kirche'.
Dass diese Strategie nun aber selbst dem Vatikan zu viel wird und sich auch durch liebgemeinte Worte nicht mehr beschönigen lässt, ist hier wie auch sonst in der Kirche offensichtlich. Und da fällt auch dem Heiligen Geist nichts Besseres ein, als einen Franziskus zum Papst zu machen ... Ihre Selbstbildnisse, und mehr noch, das Gottesbild der Meißners und sonstigen Kunstliebhaber auf apostolischen Stühlen verlangen dringend nach grundlegender Restaurierung.