PETER PAUL SCHWEITZER
T A G E B U C H G E D I C H T E
A U S V I E R Z I G J A H R E N
FÜR IRMINGARD
Hadamar
2013
da ich mich entschließe
immer wieder zu schreiben
sage ich mir
mit allem ernst:
aber nur
wenn nicht ich
die letzte zeile schreibe
sondern ein anderer
sich seinen reim
darauf macht
P O L N I S C H E R E I S E T A F E L
Von 1975 an waren wir fast jedes jahr einmal, in manchen sogar mehrmals in Polen; ausgehend von Irmingards heimat, dem Groß-Peterwitz in Oberschlesien versuchten wir nach und nach land und leute dieser kulturell reichen, damals materiell notleidenden nation kennen zu lernen. hier zunächst einige der auf diesen reisen entstandenen gedichte aus meiner „POLNISCHEN REISETAFEL“, deren erstes mir das interesse der in Warszawa erscheinenden Monatsschrift ‘POLEN’und uns die freundschaft mit ihrem chefredakteur Ryszard Wasita und seiner frau Sophia gewann, eine freundschaft, die uns über fast drei jahrzehnte in tiefer herzlichkeit verband.
die ‘POLEN’ druckte diese verse in internationalen ausgaben. als Felizitas und ich einige jahre später in Ryszards pfarrkirche den überfüllten sonntagsgottes-dienst besuchten, überraschten uns Lukas, der pfarrer, und Ryszard damit, dass wir nichts ahnend plötzlich vor die gemeinde gerufen und dieser als die leute vorgestellt wurden, die eine reihe von paketen mit kinderschuhen aus Deutschland geschickt hätten, an denen es dort damals so katastrophal mangelte. als pfarrer Lukas schon enden wollte, zog Ryszard dieses Gedicht aus der Tasche und las es polnisch der gemeinde vor und drängte mich, der ich perplex und beschämt dabeistand, dazu, es auch deutsch vorzulesen. als wir wieder auf unsere plätze gingen, war es sehr lange ganz still in dem großen gotteshaus.
DURCH DIESES LAND
Durch dieses land
kann ich nicht wie durch andre gehn :
wie in meinen schwersten träumen
kleben blutgetränkte schollen
an den füßen
gehen dumpfe schritte unterm boden mit.
marschtritte schwarzer stiefel
klatschen übers kopfsteinpflaster
schlagen an die türen in den alten gassen
stampfen von den feldern durch die dörfer.
noch peitschen die winde ihr echo
von ost nach west und west nach ost.
noch steht bei jedem regen
wasser in den tiefen spuren
noch färbt der schnee sich winters
in den stapfen rot.
durch dieses land
kann ich nur barfuß gehn
und still.
schlesisches himmelreich
Mit den wolken möcht ich ziehen
mit dem westwind, mit dem regen
in die heimat zu dem kinde
das ich war.
über tränen, über gräber.
über grenzen, immer weiter
zu dem duft des alten gartens
muß ich hin.
rückwärts gehen uhren niemals,
niemals fließt ein strom bergauf - und
eitlen träumen wehrt des flammen-
engels schwert
nüchtern find ich menschen : freunde,
schwestern, brüder ; reicht man mir die
hände, küßt mich, sitzt mit mir bei
brot und wein.
beim ersten besuch des zerstörten schlosses Łubowice,
in dem Joseph von Eichendorff aufwuchs
Łubowice
An der Oder grünen weiden,
und von ihren alten stämmen
hängt der bast bis in den fluß.
in den fenstern wächst holunder
aus den kellern brechen eschen
und die mauern stürzen ein.
doch die dunklen wipfel rauschen
und der wind geht durch die felder
wie in alter, schöner zeit;
raunen noch in frommen liedern
tröstung zu und deuten mir im
erdgeruch den himmelsglanz.
an der Odra grünen weiden,
auch von ihren jungen stämmen
hängt schon bast bis in den fluß.
Auschwitz und Birkenau
I
Geh hin
sieh Dir Auschwitz an
und Birkenau
und zwinge Dich
ganz ganz langsam zu gehn.
Geh in den todesblock
dort in den keller,
geh an die schwarze wand,
geh die lagerstraße hin
und her
geh in die gaskammer
hinein
und stell
DICH
an die rampe !
Auschwitz und Birkenau :
hier blickst Du in das wahre
antltz des menschen.
auf Dantes spur
betrittst Du hier
den zwölften kreis der hölle.
II
Immer noch -
immer wieder
Auschwitz :
Roma
tragen rote nellken
an die schwarze wand
sie weinen
bald schon
stehn die blumen
welken hauptes
da.
III
Nach Auschwitz
sind gesetzlos alle gesetze,
alle lieder reimlos ohne klang,
wortlos alle worte -
bis auf dieses :
selig seid Ihr,
wenn Ihr ein kind lehrt,
einem anderen kinde die hände zu reichen,
beide hände;
denn Euch wird der friede verheißen,
den die welt nicht geben kann.
Majdanek
Auf dem parkplatz
vor dem lager
gehen die raben
unruhig auf und ab.
ihre schnäbel
meißeln abfall,
zerfetzen blumen,
schleudern papier umher.
immer warten
todesvögel,
lauern auf beute
gieren nach krieg und mord
töten an einem tag
s i e b z e h n t a u s e n d
und nennen das grinsend
erntedankfest
Jasna Góra
Die schwarze madonna lächelt nicht.
wissend - ja traurig blickt sie voraus
selbst eine mutter wendet sie ihr
vernarbtes gesicht zum polenvolk:
krücken der kriegsversehrten armeen,
tränenperlen der mütter rings,
verteilt sie das dunkle brot geduld
tröstet die friedenstifter mit wein -
heimat der zukunft
ich bringe dir ein ave
meines alten doktors
du wüßtest schon bescheid,
und, bitte,
denk auch an mich
deinen geringsten
verlorenen sohn.
Abendlandwanderung
Mit ruhigen schritten gehen wir
über die sanften hänge von Kasimierz.
der feine löß schmeichelt den sohlen
und fruchtbarkeit quillt aus den feldern.
so atmen wir freies ferienglück
saugen an farben uns überschwänglich voll,
am klarsten blau, an ocker und umbra,
wie maler, wie dichter, wie tänzer.
dann plaudernd und lachend ins tal hinab !
über verschwiegenen weg im gehölz
erreichen wir weiden, dann heide,
und blicken hinaus auf die Weichsel.
der abend erfüllt schon luft und fluß
fährmann und fischer stehen wie schatten still.
kein laut - kein hauch - selbst die zwei frauen
die uferholz sammeln verschweben.
und sonne durchglüht den dunkelnden fluß
schweißt fluten und wellen zu rotem stahl.
wir taumeln entlang und sinken hinein
in den blutigen strom der gewalten.
G E D I C H T E A U S 1 9 8 1
Dezember in Maciejowice 1981
Nun ist die Weichsel doch erstarrt.
all die weiden sind geborsten
und das schilfrohr ist geknickt
stiefel stampfen drüber hin.
stählerne reußen ausgespannt
längs der ufer, durch die fluten
allen wilden fischen netz -
raben krächzen durch den schnee.
treten die sterne plangerecht
in den tierkreis des schützen,
hebt die jagd auf den fischadler an -
treibe strom, treibt ihr winde,
treibt ihr sande dem meere zu ...
sorgenvoller brief 1981
Meine freunde, so weit entfernt,
meinem Herzen doch so nahe !
werdet Ihr
bevor der winterregen
das letzte laub von den bäumen klatscht
bevor alles im ostwind erstarrt,
die rosen einschlagen können,
die weißen, die roten
im Łascienki-park ?
werdet Ihr worte und töne
gesammmelt haben und farben,
die wunden zu schließen
die die kälte reißt ?
die mutlosen aufzurichten
die sich im schnee verirren ?
unausdenkbar
verlöre ich
Eure spur
im juli 1982
den helden der SOLIDARNOŚĆ
In den juliwind gesprochen
Vor der sehnsucht
weht der sommerwind
rosenbläter einher -
weiße und rote
vom Łaszienki-park.
sanfte wellen
schaukeln sonnenlicht
unters uferlaub -
golden verhuscht es
zwischen schilf und rohr.
ernst wie schwäne
führen da engel
ihre grauen jungen -
durch die trauerweiden
ins freie wasser.
1981 - als die polnische armee die Solidarność niederknüppelte, schickte ich unserem Freund Ryscard Wasita dieses an ein altes polnisches weihnachtslied anknüpfende gedicht, das er in der ‘POLEN’ zu weihnachten 1981 in der ersten und letzten während des ausnahmezustandes erschienenen internationalen ausgabe veröffentlichen konnte, und zwar mit folgender - die staatliche zensur einschläfernden - einleitung:
Das Gedicht „Es ist die alte Polonaise“ verdankt seine Entstehung einem Pädagogen und Poeten aus der BRD, der von einem der schönsten polnischen Weihnachtslieder „Bog się rodzi“ (Gott geboren) bezaubert, zu jenem Gedicht inspiriert wurde. Den Text des Weihnachtsliedes schrieb vor rund 200 Jahren Franciszek Karpiński (1741-1825), ein hervorragender Lyriker ... in der polnischen Poesie der Aufklärung. Der Überlieferung zufolge stammt die Melodie von der Krönungspolonaise der polnischen Könige. die schon zu Zeiten des Königs Stefan Bathory (1576-1586) bekannt war.
ES IST DIE ALTE POLONAISE
I
so schritten die könige zur krönung
so stapfen die bauern zur krippe
trippelnde kinder an beiden händen
Bóg się rodzi - Gott geboren.
die alte polonaise
und ihre vollkommene wehmut
unter den händen des Fryderyk Chopin
und ihre seligen tränen
in den augen der pilger zur schwarzen mutter.
die alte polonaise
im mund der arbeiter von Nova Huta
und zwischen unseren händen
in unseren gefalteten herzen das gebet :
friede den menschen dieser erde
Bóg się rodzi - Gott geboren
allen.
II
aus nackten händen wachsen blüten
und verströmen sommerdüfte
mitten im winter, aus eises starre
schwere süße wie von weißen und roten nelken.
die alte polonaise
ihr klang, ihr duft
vom ostwind nach westen
vom westwind nach osten getragen
Bóg się rodzi - Gott geboren.
die alte polonaise -
wer will da noch dem herodianischen marsche
klatschen?
Zum 2 VII 1984 - zwischen längst ausgebleichten bildern fand sich einiges aus
I r m i n g a r d s g a r t e n g r ü n
vors haus gepflanzt
Ein hexennest
in den schatten versteckt
daß sie ihm trauen
ihren bandwurm zu töten
anstatt sich selbst
grün
Kleiner streifenfarn
zwischen pflaster und kamin
nahm er wurzelraum
gründet lautlos im gestein
lebensfreundlichen protest
Baschkas rat
Ins bunte lege sich der graue
ins paradies der düfte der
der stinkt -
die beste wirkung
ist ihm gewiß !
päonie
Der herzlilie fleischige wurzeln
teilt der gärtner mit scharfem messer -
so schneidet jede teilung
jede trennung scharf ins herz
Die wahre kunst
mischt erde mit fäulnis
wasser mit schleim
und etwas abendsonne -
und zeugt sich selbst
boshafte kritiker
nennen das produkt
sumpflilie
Aus Goethes garten
gestohlen - heimlich
in hecken versteckt
reckt nun die wurz
namenlos
die herzensblätter
die gold’nen blätter
der sonne zu -
und auch uns
iris germanica (deutscher regenbogen) - schwertlilie
Kann vom deutschen wesen nichts
an ihr finden,
wird von ihrer heilkraft kaum
die welt genesen -
leidet ja an husten nicht,
kriegt auch keine zähne
die welt
aber schwerter liefern wir
wenig pflüge,
reden lilienrein daher
vom freien frieden -
leidet ja an hunger nicht,
kennt schon keine sehnsucht mehr,
diese welt
unter der rose
Vom waldrand brachte
der rosengärten mutter
fünffach versiegelt
der verschwiegenen liebe
geheime offenbarung
... führt der gartenweg
zwischen lilien und birken
vom schatten ins licht ?
vergißmein nicht !
Veilchen, primeln, lerchensporn,
leberblümchen, gräser,
tausenschönchen, löwenzahn,
teufelskralle, iris,
akelei und immergrün
glockenblume, gemswurz,
fette henne, pfeifengras,
wurmfarn, lattich, ginster,
weißwurz, salbei, eisenhut,
wintergrün und günsel,
ruprechtskraut und lerchensporn,
wicke, rebe, schmiele,
hasenlattich, knabenkraut,
klette, distel, karde,
geißblatt, ragwurz, frauenhaar,
königskerze, nelke,
ehrenpreis und ferkelkraut,
witwenblume, minze,
leimkraut, miere, hainsalat,
wahrheit und auch dichtung.
Wer wünschte sich nicht
immergrün die hüterin
der blauen blume ?
so sehnsüchtig verklingen
der jahre abschiedlieder.
Im alten garten
der mächtige wurzelstock
reckt seine arme
er hat den grund verloren
und preist die freiheit.
So reichlich blätter
und blüten so selten nur -
sparsame natur
und doch - mit wieviel liebe
leuchten die sterne des nachts.
kolkwitzia amabilis
Wie vornehm schützt es,
das chinesische geißblatt,
vor nachbars blicken :
außen laub - blüht’s nach innen
rosa-weiß-ocker-getupft.
Sind die rosenblätter alle
schon vom winde verweht?
haben alle bälle
schon verspielt ?
und die gäste - gingen sie
alle schon dahin ?
eilt euch , eilt,
noch sind sie unterwegs !
fegt die terrasse!
der ball kommt ins rollen
und alle die stühle
werden nicht reichen ...
Das leben ist ein staudenbeet,
wir meinen‘s uns zu pflanzen.
zuerst wird fleißig eingesät,
die jugend muß alfanzen.
die kräuter blühn, die pracht gerät,
doch keine pomeranzen ...
dann wird das grünzeug abgemäht,
die sommermücken tanzen.
der herbst bricht an, zu früh, zu spät,
man träumt noch von romanzen -
und schon welkt alles hin -
der schneewind weht :
es war - noch gut im ganzen.
zwei pfingstrosengedichte
adel
Vor dir verneigten sich
kaiser und mandarin,
herrschaft und reichtum
opferten willig sie
dich zu bewundern
im armen gartenbeet.
edle päonie
Dem, der ganz und gar
zu eigen ihr für immer,
öffnet schamhaft sie,
umfängt ihn mit zärtlichkeit
und bringt ihre fülle dar
für Baschka
Friß dich satt, mein Hund !
der abend sinkt
hast einen langen weg vor dir
durch so viel’ träume.
eisenhut oder innere verteidigung
Abrüsten
den helm hochklappen
das visier öffnen,
mit klarem blick
dem gegner sagen :
so begehrenswert ich bin
berührst du mich,
lähmst du dich selbst
willst du mich verschlingen,
frißt du deinen tod
gehst du aber behutsam mit mir um
von vielen leiden erlöse ich dich.
Hinterm haus
züchtet jeder seinen trick.
wir - das bettlerkraut klemmatis,
die diebsrebe
deren saft blasen wirft
auf glatter haut -
was sich trefflich nutzen läßt
weil’s doch stets am gelde mangelt,
uns.
heckenrose - rosenhecke
Ein märchen ist es nicht
und kein verwunschen schloß.
auch weiß von keinem prinz
man nur ein einzig wort.
und doch, ein zauber hält
trotz allem fernweh mich
an diesem orte fest -
so süß, so warm, so schwer.
Gleich, meine freunde, gleich
setz ich mich nieder,
schreibe ich Euch einen brief:
kommt! kommt! nehmt platz
im garten unterm baum !
wein habe ich noch im keller,
seht, er steht schon auf dem tisch.
kommt ! kommt !
wir wollen trinken,
wir wollen lachen,
wir wollen fröhlich
beisammen sein .
zwei heilsame wahrheiten
Wer das unkraut nicht ehrt,
ist der suppe nicht wert.
- und -
Wer das bohnenkraut nicht ehrt,
bleibt ewig gebläht.
Liebster baum, verzeihe mir,
wenn ich dich zerhacke,
daß’s im winter, wenn ich frier,
im ofen friedlich knacke.
rüttelschleim im schüttelreim
Im garten wandelt ein nachthemd
das geht - potztausend - heut nacht fremd
so bleich und fahl
sieht’s spanner Karl
daß ihm die hose mit macht klemmt.
margarita maßlieb
Unter all den blüten
die perle finden
will mir nicht gelingen -
doch die sie säte
soll die liebste sein,
die schönste mir.
hier definiere ich das glück
Unterm baum ein wenig rasten ...
ein gutes wort unter freunden ...
Deine hand, die sanft meinen wunden kopf umfährt ...
im schatten ruhig schlafen ...
mit Dir in der wiese liegen ...
den wolken nachblicken
und den himmel offen sehen
am frühlingstag.
1984 als weihnachtgabe
G E G E N - S Ä T Z E
Träger flötenton :
ein welkes blatt treibt zum wehr
dann - plötzlich - stille
An der kirchentür
die alte blinde küßt das
Jesuskind aus holz .
Im schnee - die frauen
entzünden rote kerzen
auf dem markt - ein kreuz ,
ganz kleine warme sterne
vor drohend schwarzen stiefeln :
rot vor schwarz auf weiß .
wann singen die engel denn
friede auf erden ?
Im winternebel
ertrinken bach und büsche
alte krähen, zwei,
steif , in frack und zylinder
schreiten sie dem friedhof zu .
Die wegkapelle
von reifenquietschen erfüllt
nur motorgedröhn
auf dem kalten steinaltar,
verhüllt der schnee mit kunst .
G E G EN W I N D G E D I CH T E 1 9 8 9
dummer hund
Warum nur verbellst du
die großen tiere
immerfort ?
die bullen am wegzaun,
mit stieren kräften
stampfen sie
stets den gleichen dreck ...
die bagger des fortschritts
des vorstand pferde
die schwarze soutane ?
du mußt doch begreifen
daß solchen größen
dein gekläff nicht stört
noch meins
hirt und hund
Elfhundert schafe
mhm.
fünfhundert fressen heute
ihr henkersmahl
vom rübenacker
zuckersüß
hundertachtzig mark
bringt jedes schaf
neunzigtausend
mir morgen
sagt der hirt
und schlägt mit dem stock
ein lustiges loch
in die luft
dem schaut der hund nach
schüttelt sich
und umkreist seine herde pflichtbewußt
mit hängendem kopf
fortschritt
Sagte Fontane noch
zum glücke brauche es nichts
als eine kartoffelsuppe
und keine schmerzen
- so hätte uns demnach
die katastrophe von Tschernobyl
mit der suppe alles versalzen ?
Zum glück
versichern uns die betreiber
brauchten wir nichts
als eine gewisse menge cäsium
in brot und wein -
und dazu würden sie uns verhelfen
todsicher
über alles in der welt ?
Ein deutscher sein
ist nichts besonderes
achtzig millionen
teilen dies schicksal mit mir
etwas besonderes ?
ein mensch
auch ein deutscher
real existierender materialismus
Den wahren himmel
sagte ein gewisser herr
solle man den spatzen überlassen
doch seine verehrer
wollen den armen tieren
nicht einmal den vergönnen
so viele rauchopfer
bringen sie dar
so dichter smog
umschwebt ihren
warenhimmel
karfreitag 1989
karfreitag
Dies ist der tag
an dem die trauer überhandnimmt
und nicht mehr in schwarze kleider paßt
der tag
an dem die verzweiflung zu staub wird
zu welkem gras zu straßendreck
in den die kinder von Soweso fallen
und sich darin wälzen wie paniert
dies ist der tag
der die libysche mutter zur witwe macht
und den jüdischen säugling zur waisen
der tag
an dem die ermordeten von Hadamar aufstehn und mit irrem blick
vom schönen sterben reden
in der gaskammer
lamm gottes
zur schlachtbank geführt
und ermordet
heute
13.IX.1996
Nichts
ist selbstverständlich
auch das nichts ?
im winter
1996 /1997
Ein paar schritte durch die nacht
es fällt schnee, nicht der erste
und er taut schon während es schneit
ich hinterlasse keine spur
auf dem nassen grund
da!
Henriettes flöte
auf samtenen pfoten
drei mariengedichte
september 1996
I
madonna
Wie eine künstliche blume
haben sie die jüdin gebleicht
mit blutarmer haut und hellen haaren
mit blauen augen und weißem gewand
unter blassblauem mantel steht sie da
in seidenen schuhchen im schnee
und faltet die blassen hände und friert
so steht sie da
in den waldgrotten bei nassem wetter
in den dunklen ecken der kirchen
in wetterhäuschen und fensternischen
wo es zieht
und wenn ihr mitleidige seelen ein licht anzünden
macht der küster auch damit noch ein geschäft
so steht sie da
ein glück nur
sie ist aus gips
II
pieta
Hat man dir alles genommen ?
den tiefen glanz aus deinen dunklen augen
und von den lippen die schweren weisen
des volkes israel ?
mochte man dir nicht zum marktbrunnen folgen
dem leisen plätschern lauschen
des wassers, das vom eimer schwappt ?
nur die theologen
sie rissen dir als fetten bissen
dein geflüstertes ja vom munde
- und DU bist fortan nicht mehr gefragt
und selbst den schmerzensschrei
lässt man dir nicht
unter seiner geburt
heilige mutter
der ermordeten söhne
bitte für uns!
III
hört auf !
Unendlich
ziehen sie die sterne über dir auf
umkränzen sie dich mit engelchören und sphärenklang
indes die krippe mit den schmutzigen windeln
hinter der babylonischen fassade verschwindet
und lautlos die herodianischen geheimdienste
ihr blutiges geschäft beginnen
tausendmal tausendmal
treten die braunen, die roten, die schwarzen stiefel
in sein gesicht
schändet man deinen jungen
den du gestreichelt mit herzensblicken
zerschießt man deine mutterhände
schützend um sein köpfchen gelegt
jagt man all die kinder zum spielen
zwischen die minen mit den
sternen aus europa
haltet ein !
seht die mutter der mütter
und macht endlich frieden
meiner geliebten frau, unseren kindern und enkeln
Autun
12.V.97
O welch ein glück
diese stimme zu hören:
Lazarus, komm heraus !
o welch ein traum
den magiern gewährt
ihrer flucht einen sinn gebend
unserer flucht...
drei kapitelle in der kathedrale von Autun:
schlaf der Könige, flucht nach Ägypten, esel
königlicher schlaf
statt kühnen träumen von welt-
herrschaft und macht
nun ein bote mit flügelwort:
träumt nicht – sondern flieht
dem engelwort folgen
mit dem mut der verzweiflung
selbst nach Ägypten -
deshalb halten die menschen
uns esel für dumm
Dijon
15.V.1997
Notre Dame de Dijon
was haben sie nur mit dir gemacht?
im gefältelten gewand
auf einen thron gesetzt
kleine mutter deines großen sohnes
den du unterm herzen
und in windeln getragen
von den magiern verehrt
missverstanden von den jüngern
deshalb von den vielen umjubelt
und auf dem steinpflaster gerichtet
am kreuz ermordet
und dir wieder in den schoß gelegt
und was haben wir mit dir gemacht?
aus den händen haben wir ihn dir geschlagen
und nun überspringt deine trauer
unser mörderisches jahrhundert
und wartet auf ein besseres
Bad Vilbel
20.IV.1997
Ein schwarzer kater
schnurrt sie behaglich mit mir
bauch an bauch : die zeit
Westermarkelsdorf
4.IX.1997
herbstbeginn
Gestern noch : sonne -
helle flötentöne lichts
glitzern übers meer -
und heute und eben jetzt
kartoffelfeuergeruch
von tag zu tag
5 / 6 IX 1997
Tags trägt das meer sein
blauweißschimmernd sommerkleid
und abends karmin
noch erfrischt es uns schwimmer
und dehnt das glück unendlich
Noch trägt das meer sein
blauweißschimmernd sommerkleid
und abends karmin
schlüpft der späte schwimmer hinein
- packt ihn kalter nebel .
Staberhuk
13.IX.1997
Meeres wellenmaul
zermalmt selbst flint und granit
mit meerschaumzähnen
9.XII.1997
für Maxi
Ein jubiläum
nach fünfundzwanzig jahren
das leben ist kurz
NH
20.VI.1998
so glatt
So glatt sind die stimmen geworden
so leer die reden, die worte
die seufzer stöhnen ohne grund
die jauchzer wollen nicht mehr tanzen
nur noch glänzen soll alles
so glatt
so leer
so
ohne datum
Am morgen der wahl
im briefkasten nur ein blatt
der vogelbeere
NH
2.VIII.1998
Joel
Wenn die alten träume träumen
sagt die schrift
und die jungen gesichte schauen
Gottes geist sei es
der sich auf das fleisch ergieße
auf töchter
auf söhne
auf geknechtete
auf versklavte
und wie ein born
quelle und quelle
rede Er aus ihnen:
wunderbares am himmel
aber auf erden vergossenenes blut
wolken aus feuer
aus dampf
aus rauch
die sonne wandle sich
zu dunkler kälte nachtgestirn
und der todesmond
zum blutigen alltagsgeschäft
so ist unsere zeit
herrlich groß und schrecklich
ein tag des Herrn
NH
3.VIII.1998
überschlag
Noch gibt es tage
da enden die abende still
und über unserem tal
schweigen die wälder
die bäume halten die luft an
und all die zweige und blätter
rühren sich nicht
noch gibt es tage
im höchsten sommer
im tiefsten winter
da steht
die schiffschaukel
auf dem kopf
und zittert
Mainz
13.VIII.98
Mainz
Wie es singt
wie es lacht
wie es singen und lachen kann seit jahrtausenden
und in jahrtausenden noch ?
carmina und choral
Ernst Neger und Günther Kehr
und die namen
die großen
und die kleinen
große bischöfe
kleine kaiser
und mein geliebter Josef
mit den erfrorenen füßen
beweglich wie Gensfleischs lettern
beharrlich wie Winfried und Wiliges
mächtig kleinkariert
das goldene Mainz
Trysil 1994
mittsommernacht
So endet der tag :
über den Trysilfjellet
gießt die kommende nacht
all ihre schatten
und läßt sie
wie schweren roten wein
das tal erfüllen
ansteigend mehr und mehr
das tal hinan
Schmäler wird dort
und durchsichtiger
der sonnenbeleuchtete rand
des kostbar sich färbenden glases
bis auch der
ins fahle mondlicht erbleicht
doch dann
mögen auch graue nebel
am talboden herankriechen
doch dann
mag von den aufgeschlagenen Seiten
auch der letzte schein gewichen
und das buch nun zu schließen sein
doch dann
beginnt das firmament zu leuchten
und sein verklärtes licht
verneint entschieden die mitternacht
sommer
seliger sommer unterm Trysilfjellet
du bist ja wirklich
unbesiegbar
Hafjell-Hütte
13.VI.1998
Gudbrandsdalen
Wie altes silber
so dunkel fließt am grunde
der Lågen breit und reich
von wäldern und almen gesäumt
der sonne entgegen
als bunte borte
um die braunschwarzen muster
von weiden und heide
von mooren und seen
begleiten die hänge
den königsweg der pilger
durch all die nebel
und die dunklen wolken
zum himmel so blau
NH
15.X.1998
oktobermitte
Vom abendgold umglänzten gipfel
fällt nun das jahr geradenwegs
und steil hinab
nur grauer nebel steigt noch auf
und blauer rauch vom dach
zwar träumen die fenster behaglich
von äpfeln, von nüssen, vom wein - doch
schwarz steht der wald und schweiget
hinter dorf und haus
auf fehmarn
september 1999
STRANDHAFER
Das amt am nagel
und nackt liegt er am ufer
schilf- und binsenfrei
Meeres wellenmaul
zermalmt selbst flint und granit
mit zähnen aus schaum
Spring in die wellen
in reinem golde baden
die märchenprinzen
So viele steine
am meeressaum - doch keiner
der dem andern gleicht
Menschlich : die steine
so schön sie sind ist keiner
doch vollkommen
Immerzu schreiben
auf und ab und auf und ab
wie meereswellen
Still still du mein herz
ein alter fischerhafen
am sonntagmorgen
Hier bleiben wir nicht
einer hohen küste zu
sind wir unterwegs
Noch trägt das meer sein
blauweiß schimmernd sommerkleid
und abends karmin
noch erfrischt es uns schwimmer
und dehnt das glück unendlich
NH
23 XII 1999
Er klopft schon gar nicht erst an
ob du ihn hereinlässt
auf eine tasse tee vielleicht
oder ihn etwa aufnimmst
und wenn auch nur ins
fremdenzimmer
er versucht es bei der behörde
denn hierzulande sind die ämter
gnädiger als die menschen
und die §§ sanfter
als die betten
notfalls tut es aber auch ein stall
ein alter schafstall vielleicht
und wird er da von BILD entdeckt
oder gar von RTL
dann bringen die leute
plätzchen und glühwein
und drücken sich die nasen dran platt
wie kinder am schaufenster
vom karstadt vor
weihnachten
2000 gudbransdalen
zum neuen jahr
vor dem eingang zur schrotholzkirche
So mühsam waren die letzten schritte
so steil der weg bergan
und nun
mehrfach verschlossen das portal
und wir ohne schlüssel ?
von eisernen bändern
in unsichtbaren angeln gehalten,
geschwärzt vom blut der vergangenheit
verwittert in unsere gegenwart
und nun
ein neues jahrtausend vor uns
aber keine zukunft ?
kommt die zeit
die tür wird sich auftun
und ein leiser ruf hörbar :
folge mir nach
auch über diese schwelle
von jahrhundert zu jahrhundert geflickt
führt dann der weg
Betlehem war nur der anfang
Die alte kette zerriss
das dunkle tor ging auf
mit offenen armen: willkommen, willkommen
die anfangsworte eines reimes
das hauptthema einer symfonie
die skizze zu einem gemälde
ganz unerwartet: die einladung an alle
ganz überraschend: der erste gruß, der erste kuss, die erste umarmung
und unerschöpflich: das weite grenzenlose land
strahl, leuchtender, wärmender, weisender strahl ohne ende
welle, bewegende, schwingende, tanzende welle ohne strand
liebe, alles duldende, freiheit schaffende, antwort erhoffende liebe
dir und mir und allen
ein anfang
fang an
dein neues Bethlehem
Wir wünschen
von ganzem Herzen
GESEGNETE WEIHNACHTEN
und ein
GLÜCKSELIGES NEUES JAHR
2004
fünf und sieben und fünf
1 I 2004
Aschgrau silvester
nach prächtiger sternnacht
dann neujahr : aschgrau
frühsommer 2004
Blühend und fruchtend
licht lampion und ballon
löwenzahn : lieber!
17 IX 2004
Seiner mutter sohn
trotzt ihren heißen strahlen
selbst der kleinste stein
22 IX 2004
Sonst so behäbig
beeilen sich der fungie
blätter zu nicken
nach unten und zur seite
wohin der wind eben weht
9 X 2004
nun erst da laub und
vogelbeeren gefallen
glänzt der silberstamm
der alten ebersche
im licht von sonne und mond
NH 4 X 2009
für Irmingard
die an allem schuld ist
Haus bornwiese fünf
so viele gute kinder
und glücksjahrzehnte
von vieren enkel plus acht -
doch busch und baum wie silben
verstehen
Wenn ich mit meinem hund rede
mit Baschka
mit Bella
mit Trolle
versteht sie jedes wort
nur anders
was ich ihr sage
versteht mein hund nicht
aber mich
so redet wohl GOTT mit mir
wie sonst wäre ich fröhlich
wäre ich traurig
zornig
verzweifelt
ängstlich
oder auch manchmal
einfach lieb
?
NH 7.IV.2007
beim abendspaziergang
Noch seufzet und schluchzt
schlägt flötet jubilieret
uns die nachtigall
und der mond besingt die nacht
die immer tiefere nacht
mit küssen
P.P.
Heinz Kleiter
meinem freund
Allemal zu früh
zog es Dich vor den ersten
kranichen südwärts
viel zu lang wird der winter
bis all die tränen tauen
Eschede
31 VIII 2003
Auf der neunten stufe schon
wenn der besucher kopfschüttelnd
die todesstätte verlässt
und fast noch die ganze treppe
hinaufzusteigen hat
mit der ungeheuren last
jener 101 namen
auf der neunten stufe
wenn er sich wendend
kaum den kleinen kirschhain überschaut
der nur in erster frühlingsblüte
sein unschulds-geheimnis preisgibt
auf der neunten stufe
findet sein gesenkter blick
in des hellen kalksteins ödnis
wie ein leicht gerolltes gingkoblatt
den abdruck eines armfüßers
der vor fünfhundert millionen jahren
im moostierchenkalk lebte und
starb
dies betrachtend
beginnt der besucher zu ahnen
viele viele stufen muss er noch steigen
bis er auf die von woher kommenden gleise schauen
bis er ihren davonrasenden bahnen folgen kann
wer weiß wohin
24 II 2013,
nachts
In jener zeit
waren selbst dichter
und auch sänger
in verlegenheit
wie sie mit ihren dürftigen
worten und bildern
IHN
einfangen und benutzen
und sich dienstbar -
und sich IHM
liebenswert und unentbehrlich
machen könnten :
ihn zu erklären
ihn zu beherrschen
sich zu verklären
ihrer zeit
in jeder zeit
2013
karwoche
Bei schönstem wetter
da tropfen aus der sonne
schneeregenwolken
immer heller blutigrot:
gründonnerstag-karfreitag
Karfreitagmorgen :
das dorf hüllt sich noch einmal
in nebelkissen
und zieht sich die schneedecke
über dächer und felder
Inmitten der nacht
lodern dann osterfeuer auf
ins herzensdunkel
und singen lumen christi
in dieser seligen nacht
4 XI 1985
Harasiewicz spielt Chopin
Wahrheit der gebrochenen linie
die - mitten - im schönsten laufe abbricht
wie eine melodie von Chopin
und dadurch sich vollendet -
sonst wäre sie nur schön
das leben auch ...
kinderzeichnung
noch ist der himmel blau
noch sind die wiesen grün
und die menschen blicken
aus großen augen
und reichen einander die hände
nur die kleine Anja
malt in düsteren farben
ein haus ohne fenster
die mutter armlos
und deshalb die sonne
schmutzigrot
und ohne strahlen
NH
25 X 1985
aus den Beskiden, von den ufern der bergbäche Poprad und Dunajec brachte ich eine handvoll steine nach hause.
grau, von quarzadern durchzogen, rund geschliffen zwischen fels und eis, liegen sie nun auf meinem arbeitstisch und ich lese unter der lampe die altkyrillischen lettern ihrer adernschrift.
von einem, dem ältesten, am meisten zerriebenen, fast unlesbar gewordenen stein weht durch mein zimmer ein lied, das wie ein märchen beginnt:
Eine hütte war einmal
wuchs eine weide daneben
und ein kleines hirtendörfchen
wuchs ein junger Łemke darin ...
sollte doch heute der mondenschein
fallen ins gäßchen und leiten
grauschimmel dich und mädchen mich
in dem hochzeitswagen dahin ...
grauer, senk nur nicht den kopf
klag mit schönliebchen nicht weiter
vielzuviele tränen fließen
auf die weißen händchen herab
laß dich führen, folg dem mond
schau auf den ring nicht am händchen
niemals, ach niemals und nimmer,
liebster Łemke, kann es noch sein ...
niemand kann beschreiben, nein
was wir zusammen geplaudert
herz mein herz - was wir geflüstert
und die süßen worte darin ...
nein, beschreiben kann man’s nicht
beben und klagen und seufzen
herzliebes herz, was wir besprochen
fährt nun auf schwarzem wagen dahin ...
altes militärisches lied - lese ich auf der rückseite des steins
und seine melodie klingt in mir lange nach, kalt wie die berggewässer der Beskiden, heiß wie das ende des Łemkenvölkchens, das zwischen seinen großen Nachbarvölkern zerrieben wurde. deren credo - das Symbolon Łemskowskie - lautete
geben
aus meiner tasche
dem staate ?
öffentlich aufgefordert ...
dann verpflichtet ....
erst zuletzt gezwungen
doch GOTT
aus ganzem herzen
und dem nachbarn
helfen
wie er mir
so schwanden unsere bienenvölker dahin
so verbrannte das wachs unserer kerzen
so verklang die demut der alten hymnen
im nebel der kirchhöfe am fuße der Beskiden
NH
15 XI 1985
das kleine schwarze
unter so vielen weißen kindern
mit großen augen
tanzt es zur musik
und träumt
schön ist die welt
aber mehr noch
spannt es seine ohren auf
und läßt seine lippen wandern
rundum
NH 16 III 1986
für Lioba
Es sind dieselben glocken
die uns alle rufen
Dir legt der schöpfer
alles vor die hände
fass zu und wirke
es ist tag -
und setz ein wenig fort von dem
was wir schon taten
und dass wir liebten -
und ganz besonders Dich
Deine mutter und Dein vater
zu Deinem 21. geburtstag
NH
1 iV 1986
Wenn die himmlische bühne
ihre samtgrauen vorhänge öffnet
o welch ein blau
beherrscht dann die szene
und meine birke
mit ihrem weißen stamm
und ihren schwarzen zweigen
knüpft sich knospen ins haaar
und schwimmt ins meer
hinaus.
jahrelang ein gärtner
der pflanzt und jätet
der gräbt und hackt und sich quält ...
aber dann
in sekunden
wird er zum musiker
der liebt - und
der vorhang schließt sich
im frühlingswind
NH
2 / 3 / 5 V 1986
notizen
In dieser nacht
ist der schlehdorn aufgegangen
im sanften und warmen frühlingsregen
und nun spielen die kinder auf den wiesen
und pflücken schaumkraut:
es ist ein blühen auf der wellt
und mein hund leckt wasser
das frische wasser aus den pfützen
vom frühlingsregen aus Tschernobyl
strahlenverseucht
Dies ist ein frühjahr
wie keines noch war
da blüht die welt auf
strahelend schön ...
löwenzahn und scharbockskraut
die buschwindröschen und veilchen
und noch späte osterglocken
und die kinder
die mit rosigen wangen
im grünen sitzen
nichtsahnend glücklich
Neustrandischmoor
3 VI 1986
Storms stimmen, die über der tiefe sind
das watt versammelt
die stimmen seines orchesters
glucksen und quietschen
pfeifen und gurgeln
von jähem möwenschrei überzogenes
schnurren und knarren
es schnurrt und klatscht und piepst
ganz ohne takt
31 VII 1986
ikonostasis
Da die wächter aufs morgenrot warten
und die jungen auf den abendstern
und die alten mit bangen
den magierstern bleichen sehen
verhüllt nun der tag
und offenbart die nacht
denn die drei pforten stehen offen
und die bilderwand verfällt
dahin sind die schönen bilder
doch klage ich nicht
daß ich die goldenen rahmen leer finde
die wand vom regen verwaschen die pfortentüren angelehnt
aber zu nichts führend
im museum
mit großen offenen augen
umstehen nur noch die engel
den abgeräumten altar
und weisen mit strenger gebärde
den unsichtbaren weg
11 IX 1986
altweibersommer
Der herbst treibt welke blätter
mir durchs leere haus
noch wärmt ein wenig sonne
estrich stuhl und tisch
NH
16 IX 1986
keine gedichte mehr
keine zärtlichkeiten mehr
in den worten
nur gedröhn
geräusch
und supersound hifi
als käufliches gewerbe auf cd
das lied
das dir der wind erzählt
verschluckt ein schwarzes maul
von tausend watt
NH
3 X 1986
nach Auschwitz
In Auschwitz starben die dichter
die sänger erstickten im gas
ihrer klageschreie asche
tragen die engel wortlos
durch alle himmel
und salzig schmecken seitdem
regentropfen wie tränen
undatiert
auf einem roten zettel
und ich danke
über jahrhunderte hinweg
dem der vor allem dank sagte
für einen kleinen augenblick
stille in Plankstetten
NH
17 XII 1986
besuchsvorbereitungen
irgendjemandes wegen
der dann doch nicht kommt
werden alle vergessen
die da sind
NH
8 X 1986
herbstliche depression
Nun geben auch die bäume auf
von stürmischen winden, vom regen
lassen sie sich ihre blätter abstreifen
und niederschlagen aufs schwarze pflaster
klatsch nass
widerstandslos
rinnen regenschnüre
am fenster herab
flüssiges wachs von trauerkerzen
zuerst noch durchsichtig
rasch aber erblindend
und alle sicht verdunkelnd
zu unruhiger nacht
NH
14 mai 1987
tatbestände
I
Wer auch nur die lippen kräuselt
bei erwähnung eines gesetzes
erfült den tatbestand
innerliche ablehnung
und ist schuldig
des todes
WU - kaiser von China (140 -87 v)
II
Wer die hände in grüne hosen steckt
und das bei einer rede vor dem bundestag erfüllt den tatbestand
unklares verhältnis zur gewalt
hat er die hände flach in der tasche ?
ballt er etwa eine faust ?
das hohe haus muss bei höchster strafe
auf gläsernen taschen
der abgeordneten bestehen
Jenninger - bundestagspräsident
NH
27 VI 1987
für mütter gechrieben
und väter
noch vor allen worten
beginnt in den köpfchen
der krieg
noch ist nicht ausgedacht
feind
noch sind nicht begriffen
angriff sich wehren
noch stehen die bilder
die allzutäglichen
nicht vor augen -
beschleicht in kaltes gefühl
den rücken
und hetzt von unten her
die ganze logistik los
misstrauen und angst
und die sie schüren
bilden den anfang
noch vor allen worten
beginnt in den köpfen
der krieg
auf fehmarn im spätsommer 1987
zu Walt Whitman’s gedächtnis
strandhafer
Nur an der nördlichsten spitze
weit hinterm letzten leuchtturm
kann der wind sein ganzes programm abarbeiten
sehen wir seinen alten segen noch:
zahlreich wie die sterne am himmel
unzählbar wie der sand am meer
nur wenige menschen sind an der langen küste
in der spröden schönheit von deich und strand
und alle liebäugeln mit den elementen
um in wind und wasser
zwischen strandhafer und -distel
die alltagsräude abzustreifen.
ebenso
Hier sehe ich die uhren rückwärs laufen
ein schmales, zartes dünengras
von flotten sohlen längst geknickt
ruckt im westwind einmal noch empor
und bricht hin -
und quallen scheben hier in wirren kreisen
ein buntes räderwerk, das jeden rest
an zeit und zukunft fein zermahlt
und dann verschlingt -
hier sehe ich den dünenweg
ins nichts verlaufen,
die färbung seltsam bleiern
hyazinthenbläulich anilinrosa
etwas gelb
ebenso
unkrautwarnung
Hirtentäschel und kamille - wacht auf !
der landwirtschaftliche dienst
hat zum kampf gegen euch geblasen
wacht auf! kornrade und klatschmohn
und du tausendgüldenkraut
auf wachen ! auf wachen !
wehe euch heilkrätern wehe
ihr volksschädlinge
die ihr die chemie um ihre tabletten bringt
jetzt ist es aus mit euch
man bringt euch um
lacht der bauer
und sprüht die giftige brühe aus
teuer und wirksam
und ungesund
NH
23 III 2989
donnerstag der tränen
Da wir in die nacht hinausmüssen
unter den bleichen vollen mond
in die nacht
die die gefährten nicht durchwachen können
in die nacht
blutschweißiger angst und unseres gewinsels
der becher möge doch an uns vorübergehen
was kann uns da trösten ?
dass wir lieben und dienen
den freunden - ja dem verräter
dass wir geliebt werden und gestillt
über fleisch und blut hinaus
aus brot und wein
bis dann die scheinwerfer
unserer flucht durch die gärten
ein ende machen
und uns die wachen ergreifen
und der verräter uns küsst
o engel gottes wehre
und schlage du darein !
NH
18 VI 1989
zwei träume
I
Nachts wachsen mir
die inneren organe nach
verdoppeln sich herz und darm
nieren und magen und blase
und mein alter
mein verbrauchtes
mein geschändetes inneres
entferne ich leicht
mit einem kleinen schnitt
in die scham
durch den sich das alte entfernen lässt
zusammenhängend wie das
gekröse eines schlachttieres.
II
So erneuert trete ich vor meine kinder
höre ihre engel ihnen unsinn ! einreden
sobald mein unterricht ihnen schaden könnte
mit seinen berechnungen
und heilige stille ! ihnen gebieten
wenn ich worte finde
die dem friedeen dienen
während draußen schon die panzer
in den schulhof rollen
denen ich dann entgegen gehen muss
in dem ganz normalen schulhof
zwischen die hickelhäuschen der kinder
und die panzer
und die soldaten richten auf mich
ihre automatischen waffen
die nach meiner mathematik berechnet sind
und nach meiner physik funktionieren
in die dunklen löcher
der mündungen fällt
mein letzter blick
NH
4 VII 1989
abendspaziergang
So lind sind die winde
an diesem abend
sanft wie daunen
darin sich zu wiegen
darauf zu fliegen
an diesem sommerabend
auf den lauen winden
mit den füßen voraus
NH
5 VII 1989
wozu ?
Wozu - hat man uns oft gefragt -
wozu pflanztet ihr
alle die bäume
in euren garten ?
nun - weil dies kein garten ist
sondern ein ort
an dem die erde
ihre arme und hände
sehnsüchtig zum himmel recken darf
um alle die sonnenstrahlen zu empfangen
und die blätter des ahorns
und die des gingko
baden zu lassen
im blauen
himmelslicht
NH
1 IX 1989
Um 4 uhr 45
Im morgenrot
blitzten die mündungsfeuer
so viele frühe tode
mit seegranaten ins land
und rote nächte über die städte
Danzig
Warszawa
Rotterdam
Coventry
London
Leningrad
Stalingrad
Hamburg
Köln
Dresden
Berlin
todesröte und todestage
und todesnächte in die gaskammern
von Hadamar bis Brzeszinka
nach sechs jahren rauch
noch 50 jahre asche
und immer noch will
der uniformierte Kain
von seinem zivilen bruder Abel
nichts wissen
kaum kennt man die namen noch
wo die brandopfer qualmten
die die duodezgötter verlangten
und ihre liturgen feierten
und deren büttel vollstreckten
bis sie im blut ihrer opfer ertranken ?
zwar sind die straßen indes
abgespült und glattgefegt
überdie sie die menschen gequält
tage und nächte
durch glühende hitze
durch eises kälte
auf jede lücke zu im horizont
nach norden - nach süden
nach osten - nach westen
geködert und vertrieben
gezerrt und gehetzt
und es kommen
und kommen
die menschensröme
nicht zur ruhe
vom startschuss aufgeschreckt
um 4 uhr 45
NH
25 X 1989
Kommst du in ein fremdes land
frage nach der polizei
was sie gestern tat
was sie heute tut
hörst du
sie habe gestern die mörder freigelassen
um heute die musiker verhaften zu können
kehre um - rate ich dir - kehre um !
sagt man dir
sie habe den schreihälsen den markt überlassen
um heute den dichtern die tinte zu verteuern
verstopfe dir die ohren
und eile eiligst davon.
Bad Soden
4 XI 1989
Gegen die letzte wand gelaufen
mit wundem kopf
mit rotgeweinten augen
ziehe ich bilanz
ich will die alte treue nicht brechen
aber doch abschied nehmen
vom eitlen allen-alles-wahn
nicht ich - Er wird gebraucht
was ich darf heißt
nachsinnen
anschauen
dem nächsten nahe sein
und daheim
lieben
Møns Klint
2 VII 1990
Du pockennarbiger
rotgoldener mond
wie der meister von Elmelunde
sah ich dich dem paradies entsteigen
duch die kreidefelsen
von Møns Klint
Råbymagle
7 VII 1990
Wässrig verlaufen diese farben ins meer
zerfließen nach lila nach rosa nach karmin
oder wie immer die traumstädte heißen
dahin die großen gespensterschiffe nun gleiten
durch den sanftfarbenen baltischen dunst dahin
doch unverändert das leuchtfeuer auf Rügen
Hohe Rhön
27 X 1993
Vom Hoherodskopf zum Gackenstein
Heute legt sich die sonne
in ein federkissen von nebel
am wegrand blank und scharf davor
entlaubtes vogelbeerstrauchwerk
geknickte äste
zittrig schwankend im scharfen ost
beginnt am abend mein winter ?
am Bilstein
mittags
Mühsam führte der weg uns herauf
doch nun
auf der sonnen seite der felsen
essen wir unseren apfel
und legen unsere hände
auf die altschwarzen moose
der schroffe abstieg muss warten
solange uns brot und tee noch schmecken
NH
11 XI 1994
mein verlorenes gedicht
Verloren ging mein gedicht
von den kleinen federbällchen treue
wie ich die schwanzmeisen nannte
die jedes jahr wiederkehrten
auf den zaun
in die hecke
die den Guten Ort
einfriedigen
dahin nun keiner mehr kommt
dahin nun keiner mehr geht
da aber die verwaltung
alles wohl richtet
den rasen fleißig mäht
und die waldreben ersetzt
durch lebensbaum
und die umgeworfenen steine
wieder in reihe und glied dastehen
bleiben nun die meisen aus
und mein verlorenes gedicht
NH
4 VII 1995
fortan
Nun hängt mein amt am nagel
und ich liege nackt am see
schilf- unf binsenfrei
vom vierten des juli an
bis in den kalten winter
weder tintenblau
noch bleich kreide - doch auch
kein kinderlachen
Mers le bains
22 VIII 1995
Im lauen nordwind schwanken
auf gleißenden wellen
die schattenboote
hinaus aufs meer
hin auf den goldenen seeweg
der sonne entgegen
die ihnen errötend
entgegensinkt und den
sehnsüchtig nach ihnen schauenden
menschen am strand
ebenso
Spring in die wellen !
zum märchenprinzen wirst du
in rotem gold gebadet
von der sonne
an diesem abend im meer
o wie ihr glanz dich umstrahlt
die nicht fragt
ob deine haut
weiß ist oder schwarz
Mers le bains
26 VIII 1995
unruhig bist du mein herz
in des meeres gewoge auf und ab
mitten im schillernden grün
und dem kühlen blau
aus dem gewand der madonna
dem trost für viele im sturmgebrüll
wasser - das mich austrocknen lässt
und mich dann überflutet
wie die liebe klippen und verstand
wenn die großmutter warnte
die immer an land gelebt
das meer habe keine balken
was hilft das
gegen die seekrankheit angst ?
was gegen die gischtenden
sich selbst überschlagenden wellen ?
ruhig wirst du mein herz
und still
erst am sonntagmorgen
im hafen
Mers le bains
28 VIII 1995
Abbeville
Hier finden sich
anfang und ende
der archäologie
seit der junge Picard
jenen ersten faustkeil fand
und Perthes im torf
einen längst vor der eiszeit
ausgestorbenen biber
war das wahre alter der menschheit
zu umfahren
seit am 20. mai 1944
der deutsche general B
diese stadt zerstören
und in ihr tausende menschen
wie du und ich
verbrennen ließ
und mit ihnen die zeugnisse jener funde
entblößt die archäologie der archäologie
den wahren charakter der menschheit
Mers le bains
29 VIII 1995
Drei schwankende lichter
weiß - grün - rot
in der stürmischen see
krank im viel zu kleinen boot
in den viel zu hohen wellen
und ein kurzes rotes signal
in der viel zu dunklen
weil viel zu großen nacht
Mers le bains
29 VIII 1995
Wir sehen die nebel kommen
übers meer
daher die freiheit kam
sie schweben
mit badehütten
leicht davon
verwischen den strand
lassen klippen und stadt verblassen
dunkelbleich
ja stopfen meeres maul
auch wir gehen
endlich
übers meer
daher die freiheit kommt
Mers le bains
31 VIII 1995
Endlich kehre ich mich doch
dem lande wieder zu
und dem meer den rücken
so schaue ich
vorwärts zurück
und rückwärts nach vorne
so widerspreche ich
und sage ja
so liebt mein herz Gott
in seinen widersprüchen
und zuletzt den
großen bruder schlaf
sonnenaufgang vor augen
und sonnenuntergang
Beethovens erstes quartett
im einen ohr
und sein letztes
im anderen
und Irmingard
immer in allem sinnen
und unseren ersten kuss
-bei sonnenfinsternis -
in der seele
Mers le bains
1 X 1995
Vollkommen
fand ich keinen stein
an all den gestaden
nicht an form
nicht an farben
ob mit einschlüssen
ob ohne -
angeschlagen viele
zerschlagen auch
beinahe menschlich
NH
herbst 1995
Mirage
ein jagdflugzeug
die rakete
tomahawk
unsere wunder sind teuer geworden
und schnell verpufft
von unseren jünglingen
steht keiner mehr auf
erst recht nicht
der witwen söhne
nach der wunderbaren jagd
aus der millionenschweren
zerstörung
kehrt keiner zurück
NH
13 VI 1996
soziale not bei uns
Du hast alles
dir in den weg gestellt
und weißt nun nicht mehr
weiter
Holtug
24 VII 1996
Ihr engel
die ihr meine ängste seht
den herzensschlag in meiner brust versteht
den krampf in meinen adern fühlt
und den würgegriff um meinen hals
lehrt mich euer schwingen
an der großen hand
und betet ihr mit meinen
zitternden händen
ihr engel
Holtug
29 VII 1996
boote
Boote am strand
an den steinen im sand
kleine boote
landeindeinwarts die kiele
heimgekehrt
angebunden
verpflockt
welch ein widerspruch !
als zähle nur die ankunft
doch dann
in aller frühe
der aufbruch
ein par stangen
kleine netze
reußen
der fischer raucht noch
eine zigarette
und macht das boot flott
und sich
zum freien horizont
Holtug
2 VIII 1996
sommer in Holtug
Willkommen bist du hier
tritt ein
nimm platz
und finde dich
in der stille des waldes
im wind über den ähren
in der kühlen wiege der wellen
im kargen leben am strand
Porseager heißt diese welle glück
wie bald schon werden die wildgänse unruhig
schreien dich nachts aus dem haus
zeigen am himmel mit großem pfeil
den weg nach süden
und du musst auf und davon
nach wehmütigem abschied
NH
7 XII 1998
Bella
Schwarzundweiß
wie die zehn finger
in Mozarts sonaten
über die tasten huschen
allegro
vivace
molto vivace
andante
so bist du mit mir
all die tausend schritte
alle tausendmaltausend schritte
doppelt und dreifach
neben mir und voraus
hinter mir her und zurück
gelaufen und gelaufen
und kein umweg
und keine wendung
war dir zuviel
zu weit
die schönheit auszukosten
der freien bewegung
voll grazie
voller charme
mit wehmut im blick
zuletzt
als ich von tränen übermannt
NH
13 XII 1998
Noch sind die spuren frisch
verscharrt der boden
wo sie zusammenbrach
geschmolzen der schnee
wo sie gelegen
zuletzt
unsere Bella
doch bald schon
deckt frischer schnee
sein kaltes tuch
über sie
weht bitter der sturm
durch die dezembernacht
NH
15 VI 1999
Das schaf
das mit seinem lämmlein
des weges trottet
ist es nicht meine schwester ?
und die wachholderdrosel
die auf höchstem wipfel trillert
wie ich singen möchte
ist das nicht mein bruder ?
ja selbst der kuckuck
der hinterhältige
der sich niemals sehen lässt
ihn muss ich als chef anerkennen
der mir die jahre hinzählt
meines lebens
Abbaye de la Pierre qui vive
1997
zu wunderbar
dreht sich in deinen diensten
die erde und zeigt dir den kosmos
in seiner ganzen tiefe
wolken von sonnen
nebel von weltentröpchen
senden seit undenkbaren zeiten
aus unschätzbaren weiten
licht ihrer gluten
dir zu
und grüßen dich stäubchenzärtlich
als drehe sich
des ewigen himmels zier
nur um dich
erde , du karussell
im lunapark all
doch du mensch
von irdischen lichtern geblendet
blickst kaum
zu den himmlischen hinauf
NH 2005
Nebel - am vorhang
aus trauerbirkenzweigen
frieren die tränen
NH 2006
Intoleranz ist eine chimäre
die sich von abgeworfenen häuten nährt
ausgeschlüpfter lügenschlangen
NH 2 XI 2011
sperrmüll
Sessel und sofa
den alten schreibtischstuhl drauf
- warum nicht auch mich ?
NH
13 XII 2011
Da
urgrund der welt
urgrund dieser wunderbaren welt
urgrund dieser schrecklichen welt
allur des uralls
Du stille vor dem knall
Du stille nach dem knall
Du ursprung allen lichts
Du letztes ziel allen dunkels
und ruhekissen nach dem schlaf
wort im schweigen
hauch im sturm
dunkel im licht
und leben im tod
dank Dir
NH
7 III 13
In dunklen nächten
auseinander schwellen die
bäume und hecken
und efeu überwuchert
von den rändern her den teich